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2003 začek-koeppl, performance, april meetings SKC belgrad

Gegebenheiten
— Die politische Situation in Serbien hat sich verschärft. Präsident Zoran Djindjic wird er-
schossen, der Ausnahmezustand ausgerufen. Panzer und bewaffnete Soldaten stehen vor allen wichtigen
Gebäuden Belgrads, militärische Einheiten patroullieren in den Strassen. Das Students Kultural Center ist
seit langem ein wichtiger Ort für kulturelle Begegnungen. Hier zeigte Marina Abramovic ihre Performance
Rhythm 5, aus dem Jahr 1974. Sie übergoss einen aus Holz gelegten fünfzackigen Stern mit Öl, zündete
ihn an, legte sich in dessen Mitte. April Meetings versucht, an die vergangenen Aktivitäten anzuknüpfen,
die durch das Milosevic Regime und die Kriege zum Stillstand kamen.
Räumliche Situation
— Ein grosser Gebäudekomplex. Ein klassizistischer Saal mit einer Balustrade in
sieben Metern Höhe. Vor dem nicht mehr benutzten Saaleingang das Foyer.
Material und Vorbereitung — Die gesammelten guten und schlechten Nachrichten von dobre vesti / lose
vesti einzeln in Eisscheiben, 28cm x 20cm x 1.5cm, eingefroren. Zwei Kartonkisten mit je fünf Ordnern.
Darin A4-Plastikmappen mit den eingefrorenen Zetteln. Ein Videoprojektor, an der Decke hängend, projiziert
auf ein am Boden liegendes Leintuch. Eine Kamera, darin ein Videoband mit den Aufnahmen der
Performance dobre vesti / lose vesti, Odzaci, 2002. Auf der Balustrade ein Tisch. Im Foyer ein Stuhl und
Rasierutensilien.
Ablauf —
Das Publikum versammelt sich auf der schmalen Wendeltreppe vor der Tür zur Balustrade.
X und Y zwängen sich mit den gefüllten Kartonkisten durch die Wartenden. Sie schliessen die Tür zur
Balustrade auf, stellen die Kartonkisten auf den unmittelbar nach dem Eingang stehenden Tisch und
verteilen je eine Eisscheibe an die Ein tretenden. Das Publikum wird von dem senkrecht auf den Boden
des grossen Saales projizierten Videos angezogen. Eine Filmsequenz aus dobre vesti / lose vesti wird
abgespielt. Kinderstimmen, Vogelgezwitscher und das Licht der Projektion tauchen den Saal in eine
sonnige, heitere Atmosphäre. Das Videobild zeigt die Holzschachteln und Kinder, die mit dem Ausfüllen
der Zettel beschäftigt sind. Der Ton wird leiser und leiser. Die von den Leuten auf das Geländer der
Balustrade gelegten Eisscheiben beginnen zu schmelzen. Wasser tropft in den Saal. X und Y legen die
übrig gebliebenen Eisscheiben dazu. Sie gehen in das Foyer. Dort schneiden sie den zwanzig Jahre alten
Bart des serbischen Komponisten und Mitorganisators der April Meetings M.P. ab und rasieren ihn. X und
Y schalten die Kamera, die bis dahin als Abspielgerät diente, auf die Live-Übertragung der Rasur um.
Das Publikum hat keinen Zugang zum Foyer. Es verfolgt die Rasur über die Videoübertragung von der
Balustrade aus. X und Y wechseln sich mit dem Rasieren und der Bedienung der Handkamera ab. M. P.
ist als Person durch die Nahaufnahmen nicht erkennbar. Die Performance endet mit dem Abschalten der
Kamera und der No-Signal-Botschaft des Videoprojektors.
Folgen — Die Tochter von M.P bricht beim Anblick ihres rasierten Vaters, den sie noch nie bartlos gesehen
hat, in Tränen aus. In den folgenden
